Orang-Utan
... der Waldmensch
Orang Utan - das ist nicht Deutsch, sondern Indonesisch. Übersetzt ins Deutsche heißt Orang "Mensch" und Utan "Wald". Der Name Orang Utan bedeutet also: Mensch des Waldes oder Waldmensch. Aber warum nennt man einen Orang-Utan denn Mensch, Orang-Utans sind doch eindeutig Affen. Das stimmt natürlich, genauer gesagt sind sie Menschenaffen. Man nennt sie so, nicht nur, weil die Orang-Utans uns Menschen so ähnlich sehen, sondern auch weil wir mit den Affen verwandt sind, wir stammen nämlich von ihnen ab.
Einzigartiger Menschenaffe
Der Orang-Utan ist der einzige Menschenaffe aus Asiens. Er ist auch der einzige Menschenaffe, der ein echter Baumbewohner ist. Er betritt fast nie den Boden und ist zugleich das größte auf Bäumen lebende Tier der Welt. Im Gegensatz zu den anderen Menschenaffenarten (Gorillas, Schimpansen, Bonobos), die allesamt in Afrika beheimatet sind, ist der Orang-Utan auch ein Einzelgänger, der nicht in Gruppen, sondern alleine oder die Mütter einige Jahre mit ihrem Kind, zusammenlebt.
Biologische Daten
Orang-Utans bewohnen die Urwälder Borneos und Sumatras und gehören damit zur Fauna der südostasiatischen Tropen. Dort halten sie sich vorwiegend im Baumkronendach auf. Die extrem langen Arme und Finger sind dieser Lebensweise hervorragend angepasst.
Orang-Utans bewegen sich als Schwinghangler von Ast zu Ast durch die Bäume. Dabei werden die kurzen Beine nur gelegentlich als Stütze oder zum Festhalten eingesetzt. Die unverhältnismäßigen proportionalen Unterschiede in den Längen der Arme und Beine sind auch die Ursache dafür, dass Orang-Utans sich am Boden nur unbeholfen fortbewegen können. Die Armspannweite kann bei erwachsenen OrangUtan-Männern bis zu 2,25 Metern betragen.
Ein erwachsener Orang-Utan erreicht eine Größe von 1,50 Metern bei einem Gewicht von 30 bis 50 kg bei weiblichen und stattlichen 90 kg bei männlichen Tieren. Mit ihrem ausgeprägten Kehlsack können die Orang-Utan-Männer sehr weitreichende und bis zu zwei Minuten andauernde Rufe ausstoßen, die wohl der innerartlichen Kommunikation dienen. Diese Rufe sind im Urwald bis zu einem Kilometer weit zu hören. Mit diesem Ruf grenzen sie einmal ihr Revier ab und machen möglicherweise zugleich paarungsbereite Weibchen auf ihre Anwesenheit aufmerksam. Zugleich ist dieser Ruf ein Signal für Muttertiere, sich mit ihren Kindern außerhalb der Reichweite des Mannes aufzuhalten.
Fortpflanzung
Die Paarung ist bei Orang-Utans zuweilen eine brutale Angelegenheit. Untersuchungen haben gezeigt, dass männliche Orang-Utans die Paarung zuweilen erzwingen und die Weibchen folglich regelrecht vergewaltigen. Nach einer Tragzeit von etwa neun Monaten kommt das meist einzelne Jungtier zur Welt, selten werden Zwillinge geboren. Das Geburtsgewicht liegt bei 1,5 kg (weiblich) und fast 2 kg (männlich).
Bis zum Alter von etwa einem Jahr trägt die Mutter das Kind auf der Bauchseite mit sich. In den ersten 18 Monaten seines Lebens ist ein Orang-Utan-Jungtier völlig unselbständig. Bis zum Alter von mindestens 3,5 Jahren, manchmal sogar bis zum Einsetzen der Geschlechtsreife (7 Jahre bei Weibchen, 8 Jahre beim Männchen) bleiben die Jungtiere in der Nähe der Mutter und suchen im Gefahrenfalle deren Schutz. Da sie viele Jahre vollauf damit beschäftigt ist, sich um den Nachwuchs zu kümmern, bringt ein Orang-Utan-Weibchen in seinem Leben durchschnittlich zwei bis drei Jungtiere zur Welt. Das Höchstalter eines Orang-Utans in freier Wildbahn liegt bei 30 bis 33 Jahren. Einzelne Zootiere haben jedoch auch schon ein Alter von bis zu 50 Jahren erreicht.
Anpassung an das Leben in den Bäumen
Orang-Utans sind verschiedentlich an das Leben in den Bäumen angepasst. Nicht nur die extrem langen Arme, sondern auch die beweglichen Schultern und die besonders kräftig ausgebildete Oberkörpermuskulatur sind dem Leben als "Schwinghangler" angepasst. Beim Schwingen bilden die vier äußeren Finger einen Haken, der mit festem Griff einen Ast umklammert. Der Daumen ist dabei weit abgespreizt. Orang-Utan-Babys müssen das Schwinghangeln erst lernen. Für die Nacht bauen sich die Orang-Utans Nester aus Ästen und großen Laubblättern. Gelegentlich richten sie sich auch am Tage solche Baumnester her, um einen kleinen Mittagsschlaf zu halten.
Orang-Utans sind echte Vegetarier
Orang-Utans ernähren sich vorwiegend von Früchten. Meist bleiben sie tagelang an einem einzigen Baum, so lange bis die dort wachsenden Früchte alle aufgegessen sind. Mit dieser Ernährungsweise sind die Orang-Utans auch ein weiteres Mal einzigartig: sie sind die größten lebenden Fruchtfresser der Welt.
Auch im südostasiatischen Regenwald gibt es Jahreszeiten. Die Bäume tragen nur von April bis November Früchte. Auf dem Speiseplan der Orang-Utans stehen dann bis zu 300 verschiedene Fruchtsorten, vor allem Feigen. Bei diesem üppig gedeckten Tisch futtern die Tiere sich Reserven an, denn in den übrigen Monaten ist die Speisepalette etwas karger: Blätter, Gras, Rindenstückchen. Nur selten fangen Orang-Utans sich mal Insekten oder plündern ein Bienennest des Honigs wegen.
Werkzeuggebrauch
Wie bei anderen Menschenaffen auch, so wurde auch bei Orang-Utans der Gebrauch von Werkzeugen beschrieben. In freier Wildbahn benutzen Orang-Utans Stöckchen, um an Honig zu gelangen oder sich gelegentlich ein paar Ameisen oder Termiten zu angeln. Holzstöckchen werden auch zum Kratzen benutzt.
Kräftigere Äste werden auch eingesetzt, um Kokosnüsse zu knacken. In Zoos bietet die Fähigkeit der Menschenaffen, Werkzeuggebrauch zu erlernen, vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten. Um sich vor Regen zu schützen, benutzen Orang-Utans große Blätter, die sie sich wie einen Regenschirm über den Kopf halten.
Persönlichkeit
Zur Intelligenz von Orang-Utans gibt es, ähnlich wie bei anderen Affen, die abenteuerlichsten Geschichten. Im Jahr 1909 hat der Amerikaner William Furness einem Orang-Utan angeblich beigebracht, einfache Wörter, wie zum Beispiel "Papa" zu sagen. Immerhin scheinen Orang-Utans eine Art "Selbstbewusstsein" zu haben, denn in Experimenten konnte gezeigt werden, dass sie sich in einem Spiegel erkennen können.
Der Sumatra Orang-Utan-Mann im Zoo Dortmund heißt Walter. Am 24.04.1989 erblickte er im Zoo Frankfurt das Licht der Welt und zog bereits im Alter von vier Jahren in den Zoo Leipzig um. Anhand der für Orang-Utan-Männchen typischen Backenwülste und des großen Kehlsacks, ist er für alle Besucher leicht zu erkennen.
Walter ist ein vergleichsweise ruhiger und sensibler Orang-Utan-Mann, der nur selten Imponierverhalten zeigt. Mit etwas Glück kann man dann die sogenannten "Long calls" hören, mit denen erwachsene Orang-Utan-Männer auch im natürlichen Lebensraum ihr Revier markieren.
Im Jahr 2006 kam Walter nach Dortmund. Dass er sich hier so gut eingelebt hat, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit und nur der großen Sorgfalt und vorausschauenden Planung der Zooverantwortlichen zu verdanken. Denn eigentlich sollte Walter in einem schwedischen Zoo Chef einer Orang-Utan-Gruppe werden. Daher zog Walter im Alter von 12 Jahren von Leipzig nach Schweden um. Dort plagte den ruhigen Orang-Utan-Mann jedoch großes Heimweh. Er verweigerte jegliche Nahrungsaufnahme, saß meist verstört in einer Ecke und magerte stark ab. Da keine Besserung in Sicht war, wurde er bereits nach einer Woche Schweden-Aufenthalt zurück nach Leipzig gebracht. In der vertrauten Umgebung erholte er sich schnell und blieb zunächst fünf weitere Jahre im Zoo Leipzig, bis man einen neuen Umsiedelungs-Versuch wagte. Um dem schüchternen Orang-Utan-Mann diesmal die Eingewöhnung in der Fremde zu erleichtern, sollte ihn ein befreundetes Orang-Utan-Weibchen begleiten. Das Weibchen der Wahl war Toba, die in der Zwischenzeit Walters drittes Kind Tao zur Welt gebracht hatte. So zog am 2. Februar 2006 die komplette Kleinfamilie bestehend aus Walter, Toba und Tao in den Zoo Dortmund um. Der Plan war ein voller Erfolg. Walter lebte sich schnell ein und nur zwei Jahre später wurde er erneut Vater. Eirina, so der Name des kleinen Orang Utan-Babys, war der erste Orang-Utan-Nachwuchs im Zoo Dortmund nach über 10 Jahren.
Auch mit den übrigen Orang-Utans der Gruppe sowie seinen Tierpflegern versteht sich Walter gut. Viel Zeit verbringt der 75 kg schwere Orang-Utan-Mann mit der Nahrungsaufnahme. Einen 10-Litereimer voll frischem Obst und Gemüse frisst er pro Tag, wobei er die süßen, orangefarbenen Früchte des Kakibaumes besonders gerne mag. Damit ihm im Zoo keine Langeweile aufkommt, verpacken die Tierpfleger das Futter in Pappkartons oder verstecken es in Schüttelhölzern, so dass Walter und die anderen Orang-Utans sich das Futter erarbeiten müssen.
Vor dem Schlafengehen baut sich Walter jeden Abend aufs neue ein Schlafnest, das er gerne in einer schwarzen Tonne anlegt. In diesem verschläft er die ganze Nacht, bis er sich am nächsten Morgen wieder auf die Suche nach süßen Kakis macht.